»Gut geschlafen?«, fragte Mark lachend. Es war nur ein Traum gewesen. Ihre Mutter war nicht hier. Erst als das Lächeln langsam aus Marks Gesicht verschwand, merkte Susanna, dass sie ihn regungslos angestarrt hatte. Sie versteckte ihr Gesicht in ihren Händen.
»Geht es dir gut?«, fragte Mark mit besorgter Stimme.
Nein, natürlich nicht. Sie hatte gerade geträumt, dass ihre Mutter noch lebte. Aber sie war zu erschöpft, um ihm eine Erklärung zu geben. Sie massierte sich den Punkt zwischen den Augenbrauen, danach die Schläfen, atmete tief ein und aus und ließ die Hände in den Schoß fallen. »Ja. Alles bestens. Wo sind wir, warum stehen wir?«
Ohne ihn anzusehen, spürte sie Marks Blick intensiv auf sich ruhen. Als sie den Kopf drehte und ihm in die braungrünen Augen sah, setzte ihr Herz für einen Schlag aus.
»Wir sind kurz vor Montélimar.«
Er wandte sich ab und Susanna beobachtete wie elektrisiert, wie er sich bedächtig durch die strubbeligen Haare fuhr.
Er fuhr fort: »Was meinst du dazu, wenn wir uns ein Hotel suchen in der Stadt? Es war ein ziemlich ereignisreicher Tag, wir sollten uns ausruhen, anstatt noch weitere fünfhundert Kilometer zu fahren.«
Sie versuchte angestrengt, sich zu konzentrieren, aber die Gedanken in ihrem Kopf zogen diffuse Kreise. War das nun ein zweideutiges Angebot gewesen – oder sogar ein eindeutiges? Im Grunde genommen war es gar kein Angebot gewesen, sondern lediglich eine Frage. Eine harmlose, legitime Frage. Eigentlich wollte sie gar nichts anderes, als in ein Bett zu sinken, die Decke über den Kopf ziehen und zurück in die Traumwelt zu gleiten, in der sie …
»Susanna, was denn jetzt?« Seine Lippen sahen so einladend weich aus …
»Hotel«, entfuhr es ihr heiser. Sie räusperte sich, streckte ihren Rücken durch und wiederholte mit fester Stimme: »Hotel. Gute Idee.« Dann sackte sie wieder zurück und stöhnte innerlich auf. Am liebsten würde sie sich jetzt schon eine Decke über den Kopf ziehen.
»Wunderbar«, bekräftigte Mark ebenso einsilbig und startete das Auto, aber nicht, ohne Susanna einen seltsamen Blick zuzuwerfen.
Sie versuchte, ihn zu ignorieren, ließ ihre Fingergelenke knacken und legte ihre Hände auf die Knie. Konzentrierte sich. Was zum Teufel war mit ihr los? Sie wähnte sich auf einer Achterbahn der Emotionen, die sich nicht entscheiden konnten zwischen Trauer und … Verlangen?